
– es gilt das gesprochene Wort –
Herr Landrat, meine Damen und Herren,
Haushaltsberatungen dienen nicht nur dazu, die Einnahmen und Ausgaben des Haushaltentwurfes nach fiskalischen Gesichtspunkten unter die Lupe zu nehmen und Ansätze wohlmöglich zu korrigieren. Sie dienen vielmehr auch dazu, die Arbeit der Kreispolitik und der Verwaltungsspitze in einer Gesamtschau zu betrachten.
Dazu gehört zunächst einmal die Betrachtung der politischen Arbeit der gewählten Abgeordneten des Kreistages. Lassen Sie mich damit beginnen:
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen?
Ich stelle fest: Die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen hat sich in den letzten Jahren– zu Gunsten aller Bürgerinnen und Bürger des Kreises – deutlich verbessert. Trotz politischer Unterschiede und dazu auch politisch notwendiger Streitkultur, beispielsweise in der Ausrichtung der Sozialpolitik, in Fragen der Bildungs- und Familienpolitik – und damit auch der für Sozialdemokraten sehr wichtigen Gebührenfreiheit für Betreuungsplätze – haben wir uns ausgetauscht und bei zurückliegenden Haushaltsberatungen gemeinsam die Weichen gestellt, so auch letztendlich in der Frage der Kreisumlage.
Ich denke, dies ist für den Kreis, für alle Menschen, die hier leben, positiv! Für diese gute Zusammenarbeit möchte ich mich deshalb an dieser Stelle recht herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen bedanken.
Wie aber hat sich die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Politik gestaltet?
In der Kreisordnung NRW heißt es in § 8 – ich zitiere:
„Die Verwaltung des Kreises liegt beim Kreistag, dem Kreisausschuss und dem Landrat.“
Um dieser Vorgabe gerecht zu werden, bedarf es auch einer engen und offenen Zusammenarbeit zwischen der Politik und der Verwaltung, an deren Spitze Sie, Herr Landrat stehen.
Nur gemeinsam lässt sich effizient und zielorientiert die Arbeit für den Kreis gestalten.
Die Fraktionen haben diese Fähigkeit im Umgang miteinander bewiesen. Sie allerdings, Herr Landrat, haben an vielen Stellen jegliche Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Politik deutlich vermissen lassen. Ihr Verhalten lässt vielmehr den Schluss zu, die politische Ebene sei für Sie nur ein zwar notwendiges, aber vor allem lästiges Übel.
‚Kommunikation nur da, wo sie unumgänglich ist. Am besten also gar keine!’ So lautet scheinbar ihr Leitspruch.
Dafür gibt es viele Belege:
Beispielhaft dafür: Ihr Umgang mit einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen, zur Überarbeitung des Gesellschaftervertrages der WFG.
Beispielhaft dafür: Ihr Verhalten bei den Diskussionen um ein Leitbild und die zukünftige Ausrichtung der Wirtschaftsförderung bis in den Herbst 2012 hinein und der juristisch fragwürdige Umgang mit entsprechenden inhaltlichen Anträgen der Fraktionen. Hier haben sie sich zudem in der Sache auch als „Bremser“ bewiesen.
Beispielhaft dafür: Zunächst ohne Rückkopplung mit der Politik und sogar ohne fundierte Informationen wurde der Zuschnitt des Jugendamtes und des Schulamtes – 2 der zentralen Amtsstrukturen für fast alle vertretenen Bürgerinnen und Bürger – aus der ‚Lamäng’ heraus geregelt.
Beispielhaft dafür: Erst auf Druck des politischen Raumes tröpfelten Informationen über die neue Regionalplanung und ihre Auswirkungen auf die Kommunen aus der Verwaltung in Richtung der politischen Gremien und wurden Aktivitäten sowie „geheime“ verwaltungsinternen Stellungnahmen der Politik gönnerhaft mitgeteilt.
Und ein letztes Beispiel: Die jüngsten Diskussionen um den Masterplan. Einmal abgesehen davon, dass Fachjuristen das Ausschreibungsverfahren und die Vergabe für rechtlich zweifelhaft und handwerklich schlecht halten. Sie haben die große Chance in einem für den Kreis so wichtigen Prozess, das „Wir – Gefühl“ zwischen allen Handelnden und Betroffenen, zwischen ausführender Verwaltung und gestaltender Politik zu stärken, durch Ihr Verhalten und das ihres für den Masterplan zuständigen Dezernenten nicht ergriffen.
Ja, Sie haben durch verwaltungsjuristische Umwege die konstruktive Gradlinigkeit und den Wunsch zu einer Zusammenarbeit aus Reihen der Politik geradezu torpediert.
Herr Landrat,
Sie scheinen in dem völlig überalterten Grundsatz verhaftet zu sein, erst einmal die Zuständigkeit prüfen zu wollen. Danach kommt dann lange gar nichts.
Sie scheinen moderne und zeitgemäße Formen des Teamworks und Anforderungen an die gemeinsame Bewältigung auf der Hand liegender Probleme nicht verinnerlicht zu haben.
Um auf den eingangs erwähnten § 8 der Kreisordnung zurückzukommen, ist dies ist aber unabdingbar, um gemeinsam diesen Kreis zu gestalten.
Deshalb darf ich Sie herzlich im Namen meiner Fraktion auffordern, dass auch Sie für Ihre Arbeit endlich das aufnehmen, was die Fraktionen miteinander längst praktizieren.
Bedanken möchte ich mich bereits an dieser Stelle bei Ihnen, Herr Horster, für die gute Zusammenarbeit. Sie scheiden nun als Kämmerer unseres Kreises aus. Unsere Zusammenarbeit war trotz so mancher Meinungsunterschiede stets von fairen und offenen Diskussionen geprägt. Mit Ihnen verlässt ein anerkannter und erfahrener Finanzfachmann den Kreis. Für Ihren weiteren Lebensweg wünschen wir Ihnen alles Gute.
Sehr geehrter Herr Landrat, meine Damen und Herren,
Wie ist nun der vorliegende Haushaltsentwurf nach den zurückliegenden Beratungen zu bewerten?
Die schlechte Nachricht, auch das Haushaltsjahr 2013 steht generell, wie bereits bei zurückliegenden Haushaltsjahren, für die Kreise, Städte und Gemeinden in Deutschland weiterhin unter einem „schlechten Stern“.
So stieg beispielsweise die kommunale Verschuldung zum Ende des 2. Quartals 2012 auf 133 Mrd. Euro, ein Plus von rund 5.0 Mrd. Euro. Der darin enthaltene Betrag kommunaler Kassenkredite stieg ebenfalls dramatisch und liegt bei ca. 37% (48 Mrd.) der genannten Verschuldung.
Eine nachhaltige Verbesserung ist nicht in Sicht.
Diese Entwicklung ist weniger der Ausdruck kommunaler Verschwendung durch „Hausgemachtes“, sondern vielmehr ein Beleg für strukturelle Defizite und für ungeheure finanzielle Lasten, die eigentlich in andere Haushalte gehören. Beispielsweise Leistungen aus dem Sozialbereich. Leistungen für die der Bund zwar zuständig ist, aber umfassende Kostenübernahmen den Kommunen bisher verweigert.
Dies zu korrigieren sehen wir als eine wichtige Aufgabe sozialdemokratischer Politik für die Zeit nach den Bundestagswahlen.
Die gute Nachricht für unsere Städte und Gemeinden, vor diesem Hintergrund:
Die ursprünglich vom Landrat vorgeschlagene Erhöhung des Hebesatzes der Kreisumlage konnte abgewendet werden!
Trotz eines nach wie vor vorhandenen Defizites im Haushaltsentwurf 2013, bleibt der Hebesatz der Kreisumlage mit 40,7% Pkt. unverändert.
Zwar setzen wir auch für den Haushaltsausgleich 2013 Mittel unserer Ausgleichsrücklage ein, allerdings in einem durchaus vertretbaren Rahmen.
Damit stellen wir einmal mehr unser zunächst ins Auge gefasste Ziel sicher, nämlich eine Verstetigung der Kreisumlage.
Allerdings sind wir Sozialdemokraten mit diesem Teilerfolg nicht zufrieden.
Unser Ziel ist auf der einen Seite den Aufgaben des Kreises gerecht zu werden, beispielsweise mit Blick auf den Wirtschaftsstandort Kreis Viersen und bei notwendigen Maßnahmen im Sozialbereich, des Jugendbereiches und der Stärkung der Familien durch eine entsprechende Familienpolitik.
Und auf der anderen Seite möchten wir durch entsprechende Konzepte mittelfristig finanzielle Entlastungen für die Städte und Gemeinden unseres Kreises erreichen.
Herr Landrat, meine Damen und Herren,
Ein wichtiges sozialdemokratisches Themenfeld ist u.a. der Bereich der Jugend- und Familienpolitik. Dabei spielt die Ausrichtung der Arbeit unseres Jugendamtes eine wichtige Rolle.
Deshalb möchte ich kurz auf die Entwicklung der Jugendamtsumlage eingehen. Der ursprünglich geplante Hebesatz von 21,68 %Pkt. konnte im Laufe der Beratungen auf 20,90%Pkt. abgemildert werden. Und dennoch, trotzdem führt der Hebesatz zu Mehrbelastungen für die davon betroffenen Städten und Gemeinden.
Seit Wochen mehren sich deshalb Unruhe und Diskussionen in der ein oder anderen betroffenen Kommune.
Wir haben durchaus Verständnis, wenn auf Grund der Kostenentwicklung die Politik stärker die Arbeit des Jugendamtes mit den vorhandenen Konzepten unter die Lupe nehmen will. Da sind wir uns sicherlich alle einig.
Kein Verständnis hätten wir allerdings dafür, dabei die Arbeit unseres Jugendamtes rein unter fiskalischen Gesichtspunkten zu betrachten!
Womöglich nach dem Motto:„Was zahl ich ein, was bekomme ich raus“. Eine solche Sichtweise würde letztlich zu einer Entsolidarisierung in diesem so wichtigen Bereich führen und am Ende geht das zu Lasten der Betroffenen, die auf die Arbeit, die Unterstützung und Konzepte des Jugendamtes angewiesen sind!
Deshalb lassen sie uns diese Diskussion in diesem sensiblen Bereich in den nächsten Monaten vor einem dazu notwendigen sachlichen und fachlichen Hintergrund führen. Dazu sind wir Sozialdemokraten gerne bereit!
Sehr geehrter Herr Landrat, meine Damen und Herren,
in diesem Zusammenhang erlauben sie mir auch grundsätzlich unsere Vorstellung und Richtung vor allem im Sozial-, Jugend –und Gesundheitsbereich deutlich zu machen:
Wir Sozialdemokraten begrüßen alle prophylaktischen, alle vorbeugenden Ansätze im Kreishaushalt. Wir unterstützen die kreativen Ideen, Notlagen von Menschen nicht erst dann zu bearbeiten, wenn sie längst eingetreten sind, sondern sie gar nicht erst entstehen zu lassen.
Nicht das Kind aus dem Brunnen ziehen, sondern es erst gar nicht hineinfallen zu lassen, muss unsere Maxime sein.
Maßgebliche Unterstützung der Programme der Beschäftigungs-förderung, der Aktivitäten von Selbsthilfegruppen, von Netzwerksarbeit in der Jugend- und Gesundheitshilfe oder frühzeitig einsetzende häusliche Unterstützung von Senioren verhindern das Entstehen von menschlichen Notlagen. Sie verhindern ebenso später oft erfolgloses und vor allem teures „Rum-Doktern“ an Symptomen statt Ursachen.
Wir unterstützen Aktivitäten in der Familienpolitik, die unsere Familien stärken. Angefangen bei einer guten Kinderbetreuung, bis hin, wenn dies in den nächsten Jahren möglich ist, einer Erweiterung der Gebührenfreiheit in diesem Bereich.
Das tut der Entwicklung unseren Kindern gut, stärkt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und stärkt den Geldbeutel der Familien.
Die Politik in den genannten Bereichen dementsprechend auszurichten, das sehen wir Sozialdemokraten als eine der vordringlichsten Aufgaben der Kreispolitik an. Hier muss der Kreis Viersen an vielen Stellen, viel besser werden!
Und erlauben sie mir, meine Damen und Herren auch hier eine Bemerkung in Ihre Richtung Herr Landrat:
Wenn sie bei ihrem Beitrag zur Einbringung des Haushaltes mit Blick auf die Gebührenfreiheit in KITAS von einer „Verstaatlichung der Kinderbetreuung“ sprachen, dann ist dies mehr als nur der Ausdruck eine falsche Sichtweise: Sondern einmal mehr, ein Beleg für ihre nicht mehr zeitgemäßen und überalterten politischen Grundsätze, die leider ihre Arbeit prägen.
Was steht nun in der nächsten Zukunft an?
Dazu haben wir in die diesjährigen Haushaltsberatungen drei Anträge eingebracht. Arbeitsaufträge an die Verwaltung, die wir bereits im Kreisausschuss gemeinsam behandelt und verabschiedet haben.
Die zukünftige Arbeit des Kreisarchives gehört dazu. Das Archiv ist für uns mehr als nur die Sammlung „alter, verstaubter Urkunden und Unterlagen“. Deshalb benötigen wir ein entsprechendes Strategie-und Handlungskonzept für diese Einrichtung, aus dem die Wahrung unserer Geschichte, die historisch – politisch Bildungsarbeit genauso wie die damit verbundenen Notwendigkeiten und notwendigen Finanzmittel ableitbar sind.
Und der Hauptaugenmerk liegt auch weiterhin in der Daseinsfürsorge, der Schaffung von würdigen Rahmenbedingungen für alle Menschen unseres Kreises.
Wir wollen uns der Arbeit und der Struktur unserer heilpädagogischen Zentren, der HPZ widmen. Einer Einrichtung in der auch gerade Menschen aus unserem Kreis Förderung, Arbeitsplätze mit Rehabilitation, Begleitung und Therapie finden.
Gerade unter dem Aspekt der Inklusion, erwarten wir eine Berichterstattung und Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten der Zentren, als Grundlage für weitere Weichenstellungen auf dem Weg zur Garantie von gleichen Chancen für Menschen mit und ohne Behinderung, auch in unserem Kreis.
Und nicht zuletzt nehmen wir die Sorge unserer Bürgerinnen und Bürger um eine zukünftige Versorgung im medizinischen Bereich ernst.
Wie steht es derzeit mit der hausärztlichen Versorgung in unserem Kreis aus? Gibt es genug und wird es auch in Zukunft genug geben? Sind Hausärzte auch für ältere, oft in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen, problemlos zu erreichen?
Dem Kreis kommt hier eine wesentliche Rolle als Planer und Moderator zu.
Wir erwarten einen Bericht über den Status Quo, vor allem aber einen gesteuerten Prozess in dem im Rahmen der obligatorischen Gesundheitskonferenz alle Akteure des Gesundheitsbereiches auf Kreisebene einzubinden sind.
Herr Landrat meine Damen und Herren,
Abschließend möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre Arbeit, auch im Rahmen der Haushaltsberatungen, bedanken.
Wir Sozialdemokraten werden dem vorliegenden Zahlenwerk und den Änderungslisten zustimmen. Allerdings durchaus nicht mit „wehenden Fahnen“, sondern mit der Mahnung, dass es noch in politischen Themenfeldern viele „Baustellen“ gibt und deshalb viel Arbeit vor uns liegt. Wir von der SPD sind dazu bereit, mit an zu packen – immer kritisch aber auch immer konstruktiv.
Und vor allem gemeinsam!
(Für Protokollvermerk: Betrag bei Haushaltstelle Masterplan: Findet nicht unsere Zustimmung).