
Die Koalition drückt aufs Tempo. Wir haben den Reformprozess 2003 begonnen, er bleibt unsere Sache. Für manches brauchen wir die Zustimmung der Union im Bundesrat. CDU und CSU müssen nun zeigen, ob sie ihre Versprechungen, die sie vor dem Job-Gipfel gegeben haben, einhalten – oder sich in taktischen Spielchen verlieren.
Denn vorher gab man sich kompromissbereit: Edmund Stoiber sah bei der Körperschaftssteuer „Möglichkeiten, sich zu verständigen“ und wollte „alles, was vernünftig ist, mittragen“. (Reuters, 14. März 2005). Angela Merkel stellte für die Union vor dem Gipfel fest: „Wir wollen und brauchen den Erfolg.“ (Handelsblatt, 16. März 2005). „Es sei die Überzeugung ‚aller‘ gewesen, ‚dass wir aufbrechen müssen zu einer nationalen Kraftanstrengung zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.‘“ (Frankfurter Allgemeine, 15. März 2005). Und Ronald Pofalla sagte im Deutschlandfunk: „Wenn unter dem Strich etwas Sinnvolles aus diesen Gesprächen herauskommt und wir dieses Ergebnis für richtig halten, dann sind wir durchaus auch bereit, eigene Positionen, die wir bisher eingenommen haben, zu hinterfragen und möglicherweise hinten anzustellen.“ (10. April 2005).
Die Rede und die klaren Ankündigungen des Bundeskanzlers im Plenum haben die Opposition überrascht. Nach dem Gespräch zwischen Gerhard Schröder, Joschka Fischer, Angela Merkel und Edmund Stoiber hat die Kompromissbereitschaft der Union nachgelassen. „Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass wesentliche weitere Reformen mit dieser Regierung noch möglich sind.“ so Stoiber in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (3. April 2005). Und weiter: „Die Absenkung der Körperschaftssteuer von 25 auf 19 Prozent kann nur so weit erfolgen, wie sie auch seriös finanziert wird.
Durcheinander in der Union: Denn gleichzeitig wird Michael Glos in der Financial Times Deutschland zitiert: „Man müsse das Finanzierungskonzept aber ‚nicht bis zur letzten Mark ausrechnen, denn es soll ja auch Wachstumsimpulse geben.‘“ (6. April 2005).
Die 20 Maßnahmen zur Fortentwicklung der Agenda 2010 sind richtig und wichtig. Der Reformprozess bleibt die Aufgabe von rot-grün. Die CDU/CSU hat sich nach dem Spitzengespräch zurückgezogen, wirft der Regierung aber „Arbeitsverweigerung“ vor. Die Union muss nun Farbe bekennen und ihren eigenen Ansprüchen Rechnung tragen. Volker Kauder verspricht: „Wenn die Gesetzentwürfe vorgelegt werden, kann das ruckzuck passieren.“ (ARD-Morgenmagazin, 7. April 2005).
Schon in dieser Woche hat die Unionsfraktion Gelegenheit, diesen Worten Taten folgen zu lassen. Wir werden jeden einzelnen CDU/CSU-Abgeordneten daran messen können, wie er/sie sich zu unserem Antrag „Aufbruch und Perspektiven – Zukunftschancen für Jugendliche in Deutschland stärken“, den wir am Donnerstag im Plenum debattieren, verhält. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob Merkel und Stoiber bereit sind, Verantwortung für das Land zu tragen und konstruktiv an der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen zur Fortentwicklung der Agenda 2010 mitwirken.