Was will die CDU-Chefin Angela Merkel wirklich?
Geht es ihr in erster Linie um das Wohl des Landes, oder ordnet sie alles dem Machterwerb unter – der erst in Düsseldorf, dann in Berlin folgen soll?
Es mutet nach einer ebenso seltsamen wie letztlich durchschaubaren Doppelstrategie an, der Regierung einerseits Zusammenarbeit anzubieten (oder besser: ihr diese aufzuzwingen), damit auch der letzte Wähler merkt, dass Rot-Grün die Probleme alleine nicht in den Griff bekommt, andererseits aber jeden erzielten Kompromiss später zu relativieren oder gar zu revidieren, damit der Kanzler diesen nicht als persönlichen Erfolg verkaufen kann.
Dabei wird immer deutlicher: Auf wichtigen Politikfeldern weiß Merkel selbst nicht, was sie will. Es mag ja stimmen, dass dem SPD-Kanzler Gerhard Schröder der Masterplan fehlt. Die CDU-Chefin hat ihn aber auch nicht.
Beispiel MINDESTLÖHNE:
Über gesetzliche Mindestlöhne wird in SPD und Gewerkschaften schon länger nachgedacht.
Nicht ohne Grund gibt es auch unter Sozialdemokraten viele Warner, die von staatlichen Eingriffen in die Tarifautonomie und von Einschränkungen des Wettbewerbs auf dem Arbeitsmarkt wenig halten. Dass nun aber ausgerechnet in der Union, die sonst so viel von Marktwirtschaft und der "Ordnung der Freiheit" hält, laut über Mindestlöhne nachgedacht wurde, muss schon verwundern. Jedenfalls klatschte Merkels Arbeitsmarktexperte KARL-JOSEF LAUMANN heftig Beifall – um dann von der Chefin prompt wieder zurückgepfiffen zu werden. Am Ende forderte Merkel die Regierung auf, nun endlich Konzepte vorzulegen.
Beispiel ENTSENDEGESETZ:
Union und SPD sind sich eigentlich einig, dass Lohndumping ein Riegel vorgeschoben werden muss.
Schnell konnte man sich darauf verständigen, das für die Baubranche geltende Entsendegesetz auszuweiten. Es verpflichtet Arbeitgeber, jedem Mitarbeiter – gleich aus welchem europäischen Land er kommt – den tariflichen Mindestlohn zu zahlen. Doch nun rudert die Union auch hier zurück. Eine Ausweitung auf alle Branchen sei "purer Aktionismus", sagt ausgerechnet KARL-JOSEF LAUMANN, der in Sachen Mindestlöhne zuvor der Aktionist schlechthin war. Und Merkel findet, die Regierung müsse endlich etwas Konkretes vorschlagen.
Beispiel KÖRPERSCHAFTSSTEUER:
Beim Job-Gipfel waren sich Merkel und Schröder einig, die Körperschaftssteuer von 25 auf 19 Prozent zu senken. Nun fordert die Union plötzlich einen Rückgang auf 22 Prozent – eine Maßnahme, die wohl eher verpuffen dürfte. Außerdem ist Merkel natürlich der Meinung, dass die Regierung die Steuersenkung endlich besser durchrechnen müsse. Finanzminister Hans Eichel (SPD) platzte der Kragen: Die Union sei es, die endlich eigene Konzepte vorlegen solle.
Immerhin scheint es nun seit gestern eine Einigung zwischen Regierung und Union zu geben, die Hinzuverdienst-Möglichkeiten für Langzeitarbeitslose auszuweiten.
Wer weiß, wann Merkel auch hier wieder zurückrudert?
Nur eines ist an ihrem Kurs klar: Sie will an die Macht.