
CDU und CSU streiten also weiter über ihr Modell zur Gesundheitsreform.
Als Ergebnis der Verhandlungsrunde am vergangenen Freitag wurde folgendes verkündet: Bei den Krankenkassen soll ein einheitlicher Betrag ankommen, beim Versicherten aber einkommensabhängig abgebucht werden.
Das ist kein Ergebnis, denn darunter lässt sich alles fassen: Ein 10-Stufen-Modell für verschiedene Einkommensgruppen, eine Kopfpauschale mit einem Ausgleich nur für die sozial Schwächsten oder eine Mini-Pauschale mit zusätzlichem, einkommensabhängigen Beitrag.
Und niemand weiß, wie es funktionieren soll – die Finanzierung ist nach wie vor umstritten. Nun soll Bert Rürup bis zum nächsten Sonntag, an dem ein erneutes Gespräch stattfinden soll, rechnen. Der wusste nach Informationen der Berliner Zeitung noch gar nichts von seinem Glück. Und was soll er auch rechnen – neue Modelle liegen nicht vor.
Richtig ist: Die CDU bevorzugt weiterhin ihr steuerfinanziertes Kopfpauschalen-Modell, die CSU will das bisherige System mit einkommensabhängigen Beiträgen beibehalten. Die Finanzierung ist unklar. In der Verhandlungsrunde sind keine Vorschläge gemacht worden, die einen Kompromiss ermöglichten.
So wie die Union sich derzeit präsentiert, zeigt sich eines: Sie ist nicht regierungsfähig.
Beim Tagesbetreuungsausbaugesetz, das wir diese Woche in 2. und 3. Lesung behandeln, wird sie wohl auf stur schalten.
Dabei sind sich Verbände, Kirchen und Vereine einig: Das Gesetz muss kommen – im Interesse derer, denen wir eine gute Betreuung und Förderung zukommen lassen wollen und im Interesse ihrer Eltern, denen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern wollen.
Mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz ziehen wir die richtigen Lehren aus den Pisa- und OECD-Studien und gehen damit einen ökonomisch vernünftigen Weg.
Wir fördern mit unserer Politik die Potenziale der Menschen – in der Union herrschen die Chaostage:
— Rauen kämpft in Rheinland-Pfalz, damit Frau Merkels Gewährsmann Böhr nicht Spitzenkandidat wird.
— Merz und Schäuble lassen ihre Parteichefin hängen.
— In Baden-Württemberg geht es rund: Erwin Teufel muss sich zur Ruhe setzen, obwohl er nicht will,
— sein Minister Palmer setzt in innerparteilichen Diskussionen auf die Kraft der Ohrfeige.
„Man fragt sich nicht mehr, ob die Union regierungsfähig ist. Man fragt sich bereits, ob sie wenigstens noch oppositionsfähig ist. Die aktuelle Antwort lautet: Nein!“ (Süddeutsche Zeitung, 25. Oktober).
An Unterstützung für Angela Merkel mangelt es indes nicht. Doch wer sich da am Wochenende äußerte und Stoibers öffentlichen Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur forderte, war kein politisches Schwergewicht – viel nützen werden die Herren Schönbohm, Rehberg und Fischer nicht.
Schwach ist die Garde der Merkel-Treuen und auch der Deutschlandtag der Jungen Union mag darüber nicht hinwegtäuschen. Dort forderten die jungen Wilden der Union ein Ende der „Sozialdemokratisierung“ und scharfe Einschnitte beim Kündigungsschutz. Doch auf einen Kanzlerkandidaten solle man sich jetzt noch nicht einigen, widersprach der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, den genannten CDU-Landeschefs.
Politik macht die Union derzeit nicht. Und wo sie es ganz leicht könnte, verweigert sie ihre Zustimmung. Die Süddeutsche Zeitung hat recht: „CDU und CSU sind damit beschäftigt, sich selbst und aller Welt gruselige Szenen einer Ehe zu liefern. Was sie von der Opel-Krise oder der Krise der Staatsfinanzen halten, mag man weder fragen noch wissen.“
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
WALTER SCHÖLER, MdB