WALTER SCHÖLER zum Entwurf des Bundeshaushaltes 2005:

Walter Schöler, MdB
WALTER SCHÖLER (Tönisvorst): haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Nach Auffassung der Koalitionsfraktionen gibt es keine echte Alternative zur Grundlinie des Bundeshaushalts 2005: Entschlossene Konsolidierung bei Stützung des Aufschwungs unter Rückgriff auf Privatisierungseinnahmen. Nur so sind die beiden wesentlichen unabdingbaren Ziele gleichzeitig erreichbar, nämlich einen verfassungsfesten Haushalt vorzulegen und dabei die schon deutlich erkennbare, aber noch fragile konjunkturelle Erholung nicht zu behindern, sondern zu befördern.

Der Bundeshaushalt 2005 ist verfassungsfest. Die Nettokreditaufnahme hält mit 22 Mrd. € die Verschuldungsgrundregel des Artikel 115 GG ein, nach der die Nettokreditaufnahme das Investitionsvolumen von 22,8 Mrd. € unterschreiten muss.

Der Bundeshaushalt 2005 und die Finanzplanung bis 2008 sind eindeutig auf Konsolidierungslinie, wie sich an den Zuwachsraten ablesen lässt: Von 2003 bis 2008 steigen die Ausgaben insgesamt nur um 1,3 v.H., im Jahresdurchschnitt lediglich um ¼ v.H.. Diese Zuwachsrate liegt weit unterhalb der Inflationsrate und damit sinkt der Anteil der Bundesausgaben am Bruttoinlandprodukt, der zwischen 1998 und 2005 bereits von 12,1 v.H. auf 11,5 v.H. fällt, weiter ab. Zur Umsetzung unserer Konsolidierungslinie haben wir die zweite Stufe von Subventionskürzungen nach der Koch-Steinbrück-Liste in den Haushalt eingearbeitet und bei den Verwaltungsausgaben der Ressorts strikte Ausgabendisziplin gewahrt.

Für den verfassungsfesten Haushalt ist der Rückgriff auf Privatisierungseinnahmen in der doch beträchtlichen Größenordnung von 15,45 Mrd. € geboten und gerechtfertigt. Die lediglich theoretischen Alternativen weiterer Ausgabenkürzungen in solcher Größenordnung oder aber von Steuererhöhungen zur Schließung der Deckungslücke würden den noch nicht stabilen Aufwärtstrend der Wirtschaft in unverantwortlicher Weise gefährden. Wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung in nächster Zeit stabilisiert, kann unter Umständen das Volumen der Privatisierungseinnahmen doch noch durch weitere Konsolidierungsschritte reduziert werden.

Die Opposition ist wesentlich mitverantwortlich für die erhebliche Deckungslücke, die mit Privatisierungseinnahmen geschlossen werden muss. Durch ihre kurzsichtige, parteitaktisch motivierte Verweigerungshaltung im Bundesrat hat sie im letzten Jahr sowohl beim Steuervergünstigungsabbaugesetz wie beim Haushaltsbegleitgesetz weitere Konsolidierung durch Subventionsabbau verhindert. Daher fehlen den öffentlichen Haushalten rund 10 Mrd. €.

Geringere öffentliche Defizite lassen sich nur mit ausreichendem Wachstum erreichen, in der Wechselwirkung gilt aber auch, dass es ohne nachhaltige Konsolidierung kein dauerhaftes Wachstum geben wird. Nach wie vor ist richtig, dass Konsolidierung allein in der noch nicht gesicherten Aufschwungphase bei den verfestigten Strukturproblemen unser Land nicht zukunftsfähig machen kann. Konsolidierung bleibt allerdings der Grundakkord unserer Haushaltspolitik und die Rückführung der Defizite auf längere Sicht unser Ziel, auch wenn in den nächsten Jahren zunächst die gewaltigen Belastungen der Stagnationsphase für den Bundeshaushalt abzuarbeiten sind.

Unsere Haushaltspolitik ist nicht eindimensional ausgerichtet, Grundlinie ist vielmehr der Dreiklang von notwendigen Strukturreformen, die wir mit der Agenda 2010 auf den Weg gebracht haben, Konsolidierungsmaßnahmen sowie von Wachstumsimpulsen. Zu der nachhaltig angelegten Wachstumsstrategie gehört die Entlastung der Bürger und Unternehmen von Steuern und Abgaben. Das teilweise Vorziehen der Steuerreform im laufenden Jahr und der nächste Senkungsschritt von 6,8 Mrd. € im nächsten Jahr sind dabei ein wichtiger Beitrag zur Belebung der Binnenkonjunktur. Die schon im Jahr 2000 fixierte Steuerreform wird dann mit den verschiedenen Reformschritten Entlastungen von jährlich insgesamt 32 Mrd. € bewirkt haben.

Wir wollen Subventionen von gestern streichen, um mit dem gewonnenen Spielraum Zukunftsaufgaben finanzieren sowie auch finanzpolitische Impulse zur Stützung des Aufschwungs geben zu können. Der Bundeshaushalt 2005 stellt dazu freiwerdende Mittel aus der Streichung der Eigenheimzulage gemäß der Ankündigung des Bundeskanzlers in seiner Regierungserklärung vom 25. März 2004 für eine Innovationsinitiative ein. Dieses ressortübergreifende Programm zielt auf die Stärkung von Forschung und Innovation und damit die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Im Zeitraum bis 2008 kann der Bund dafür fast 3 Mrd. € mobilisieren. Die Koalitionsfraktionen fordern gemeinsam mit der Bundesregierung Länder und Gemeinden auf, den durch Streichung der Eigenheimzulage ihnen zuwachsenden Spielraum von ebenfalls etwa 3 Mrd. € für mehr Investitionen in Bildung und Kinderbetreuung zu nutzen.

Die Abschaffung der Eigenheimzulage bedarf der Zustimmung des Bundesrates und damit der Opposition. Wir fordern sie auf, endlich ihre kurzsichtige, auch aus internen Streitereien resultierende Obstruktionspolitik zu beenden und den wichtigen Schritt für die Zukunft unseres Landes mitzugehen.

Mit dem Bundeshaushalt werden wichtige Reformvorhaben umgesetzt. Zukunftsfördernde Ausgaben haben Priorität. Hervorzuheben ist:

– Bei den Arbeitsmarktausgaben sind für die Leistungen zur Grundsicherung 24,5 Mrd. € veranschlagt. Damit wird die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige zu der neuen einheitlichen „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umgesetzt. Durch die Reform sollen die Kommunen im Ergebnis um 2,5 Mrd. € jährlich entlastet werden. Für den Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit sind 3,5 Mrd. € veranschlagt. Die Absenkung gegenüber dem Vorjahr wird durch die zu erwartende Besserung auf dem Arbeitsmarkt und den effizienteren Einsatz der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik ermöglicht.

– Für ein Sonderprogramm des Bundes zur Einstiegsqualifizierung Jugendlicher sind 78 Mio. € vorgesehen. Der Bund erstattet den Betrieben dabei bis zu 192 € der Praktikumsvergütung sowie die Kosten für die Sozialversicherungsbeiträge.

– Für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ sind 2005 Bundesmittel in Höhe von rd. 700 Mio. € eingestellt. In den Folgejahren ist eine Fortführung der Gemeinschaftsaufgabe auf diesem Niveau vorgesehen. Einschließlich komplementärer Landes- und EU-Mittel steht ein Bewilligungsrahmen in Höhe von rd. 1,7 Mrd. € zur Verfügung.

– Im Rahmen der Innovationsinitiative wird ein High-Tech-Gründerfonds aufgelegt, aus dem Gründer bei der Finanzierung von FuE-Vorhaben unterstützt werden. Dafür werden in 2005 20 Mio. €, in 2006 50 Mio. € und in 2007 und 2008 jeweils 100 Mio. € zur Verfügung gestellt.

– Der Plafonds des Bundesministeriums für Bildung und Forschung steigt unter Berücksichtigung des Ganztagsschulprogramms mit 9,2 Mrd. € gegenüber dem laufenden Haushalt um 3,17 %. Die Etats der großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden jährlich um 3 % erhöht. Zur Förderung von Spitzenuniversitäten sind im Finanzplanzeitraum Mittel in Höhe von 0,7 Mrd. € vorgesehen.

– Der Verteidigungsetat umfasst 2005 ein Volumen von 23,9 Mrd. €. Darüber hinaus können bis zu einer Höhe von 614 Mio. € Mehreinnahmen aus Veräußerungen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen für die Modernisierung der Bundeswehr verwendet werden. Mit diesem Plafonds erhält die Bundeswehr die Möglichkeit,
die Vorgaben der neuen verteidigungspolitischen Richtlinien planmäßig umzusetzen.

– Für die Entwicklung neuer zukunftsträchtiger und besonders umweltverträglicher Techniken im Bereich der erneuerbaren Energien werden im Finanzplanzeitraum zusätzliche Mittel in Höhe von 130 Mio. € bereit gestellt.

– Die Mittel für Verkehrsinvestitionen liegen trotz des erheblichen Konsolidierungsbedarfs mit 10,8 Mrd. € leicht über dem verfügbaren Soll des laufenden Haushaltsjahres. Dies ist durch den gezielten Einsatz von Einnahmeverbesserungen und Umschichtungen innerhalb des Verkehrshaushalts gelungen.

– Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wird die Kreditanstalt für Wiederaufbau ein Sonderkreditprogramm im Volumen von bis zu 500 Mio. € über fünf Jahre für erneuerbare Energien und Energieeffizienz in Kooperationsländern auflegen. Zur Zinsverbilligung wird der Bund ab 2005 für fünf Jahre zusätzliche Mittel von ca. 25 Mio. € jährlich zur Verfügung stellen.

Die Koalitionsfraktionen unterstützen das in der Finanzplanungsratsitzung am 16. Juni 2004 von Bund, Ländern und Gemeinden formulierte Ziel, das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2005 unter 3 v.H. des Bruttoinlandsprodukts zurückzuführen. Die Fraktionen teilen die Auffassung der Bundesregierung, daß zur Erreichung dieses Ziels erforderlichenfalls zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen sind. Auch hier erwarten wir von der Opposition, dass sie ihr bisheriges Machtspiel aufgibt und sich endlich verantwortungsvoll den Realitäten stellt.